Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Kein Arbeitgeber zwingt mich, um neun Uhr auf der Matte zu stehen; ich muss mich selbst disziplinieren. Gerade sind viele genervt davon, dass Corona sie ins Homeoffice zwingt – ich habe das Problem seit fünf Jahren. Manchmal komme ich nur schwer aus dem Bett. Andererseits ist es extrem cool, dass ich von Zuhause arbeiten und mir meine Zeit frei einteilen kann. Meist stehe ich um neun Uhr auf und beginne um zehn Uhr mit dem Arbeiten: Ich organisiere, drehe und schneide.
Neben dem YouTube-Kanal, auf den ich zwei Videos pro Woche hochlade, kümmere ich mich um meinen Instagram-Account. Und ich stehe auch hinter der Kamera: Für Warner Music Group habe ich beispielsweise die Berliner Sängerin Wilhelmine (L-MAG Mai/Juni 2020) beim Musikvideodreh hinter den Kulissen begleitet.
Im Jahr 2017 hast du auf YouTube die Kampagne „Wir gegen Homophobie“ gestartet. Wie kam es dazu?
Damals hatte ein relativ bekannter Youtuber in einem Video gegen Schwule gehetzt. Viele haben einander den Link geschickt und sich darüber aufgeregt. Ich fand das den falschen Umgang, weil ihm das noch mehr Aufmerksamkeit und Klicks auf das Video geschenkt hat – wodurch es wiederum noch mehr Leuten vorgeschlagen wird, die sich das dann angucken. Deshalb wollte ich eine Gegenbewegung starten, ohne das Video zu zeigen oder ihn zu nennen.
Auch jetzt sagst du ganz bewusst nicht seinen Namen.
Genau. Bis heute habe ich mir sein Video nicht angeschaut. Ich will ihm diesen Klick nicht geben! Ich habe dann andere Youtuberinnen und Youtuber angeschrieben und wir haben alle gleichzeitig Videos hochgeladen, in denen wir sagen: „Ich bin gegen Homophobie.“
Für die Aktion hast du viel Zuspruch bekommen, daraus ist auch dein zweiter YouTube-Kanal „Okay“ entstanden, auf dem es um Fragen rund um LGBT geht und den nun andere weiterführen. Aber es gibt auch viel Hass im Netz. Wie gehst du damit um?
Zum Glück überwiegen die positiven Kommentare. Trotzdem bleiben mir die
negativen eher im Gedächtnis. Was mir hilft, ist, mich in einem Video darüber lustig zu machen. Dann ist das für mich verarbeitet – und das kommt auch noch gut an.
Haben es Frauen schwerer auf YouTube?
Im Unterhaltungsbereich auf jeden Fall. Beauty gilt als Frauensache, dort haben es Männer nicht leicht. Aber wenn eine Frau Comedy macht, egal ob Stand-up oder Satire, kommentieren immer Leute: „Frauen sind einfach nicht lustig.“ Dieses gesellschaftliche Bild macht es Frauen extrem schwer.
Warum war es dir wichtig, in deinen Videos klar zu zeigen, dass du lesbisch bist?
Als ich mit 15 Jahren gemerkt habe, dass ich auf Frauen stehe, waren amerikanische Youtuberinnen wie Shannon Beveridge und Cammie Scott extrem wichtig für mich. Sie haben mir gezeigt: Das gibt es wirklich! Deshalb wollte ich, sobald ich eine gewisse Reichweite habe, auch über Homosexualität aufklären. Um es so Leuten leichter zu machen. Mir ist wichtig, das Thema Homosexualität mit Comedy zu verbinden, damit auch heterosexuelle Menschen auf meine Videos kommen und Berührungsängste verschwinden. Ich wollte aber nie auf mein Lesbischsein reduziert werden. Die LGBT-Community feiert schnell alles, was lesbisch ist, ohne zu unterscheiden: Was ist wirklich gut und was findet man nur gut, weil es lesbisch ist? Ich will nicht für meine Sexualität, sondern für meine Gags bekannt sein. Auf den Stempel „Die YouTube-Lesbe“ kann ich gut verzichten.