Abschiede 2022:
Im April verstarb überraschend Ika Hügel-Marshall (13.3.1947 - 21.4.2022), Berliner Pädogogin, Künstlerin, Autorin und Pionierin der afrodeutschen Bewegung. Sie hinterließ ihre langjährige Lebensgefährtin Dagmar Schultz, mit der sie unter anderem einen Dokumentarfilm über die Berliner Jahre von Audre Lorde drehte (unser Nachruf).
Inge Viett (12.1.1944 - 9.5.2022), Mitglied der terroristischen Vereinigungen Bewegung 2. Juni und RAF, starb im Mai in Berlin-Falkensee. 1982 war sie in der DDR untergetaucht und nach dem Mauerfall 1992 zu dreizehn Jahren Haft verurteilt worden. Nach ihrer vorzeitigen Entlassung 1997 schrieb sie einige Bücher und engagierte sich linkspolitisch. Viett war offen lesbisch und unter anderem mit Verena Becker zusammen, die ebenfalls der RAF angehörte.
Im Juli starb Bettina Dziggel (25.1.1960 – 5.7.2022), die in der DDR eine bekannte lesbische Aktivistin und Mitbegründerin der ersten ostdeutschen Lesbengruppe „Arbeitskreis Homosexuelle Selbsthilfe – Lesben in der Kirche“ war. Wegen ihrer Beteiligung an einer Gedenkstunde an die verfolgten und ermordeten Lesben im Nationalsozialismus im Frauen-KZ Ravensbrück wurde sie 1985 verhaftet. Kurz vor ihrem Tod konnte sie noch an der ersten offiziellen Gedenkfeier und (hart erkämpften) Einweihung einer Gedenkkugel für die lesbischen Opfer in Ravensbrück (wir berichteten) teilnehmen.
In den USA musste sich die Lesbencommunity von zwei verdienten Aktivistinnen verabschieden: Urvashi Vaid (8.10.1958 - 14.5.2022), in Indien geborene Juristin, starb im Mai im Alter von nur 63 Jahren an Krebs. Sie hinterließ ihre langjährige Lebensgefährtin, Comedian Kate Clinton. Im August starb Elana Dykewomon (11.10.1949 – 7.8.2022), Autorin von zahlreichen – meist lesbischen – Romanen und Gedichten; ihr bekanntester Roman „Beyond the Pale“ erschien auf Deutsch unter dem Titel „Sarahs Töchter“. Dykewomon (die eigentlich Nachman hieß und sich ihren lesbisch-feministischen Nachnamen gab, „um eine etymologische Verbindung zu Männern zu vermeiden“) starb wenige Minuten vor der Online-Premiere ihres Stücks „How To Let Your Partner Die“, das sie über ihre 2016 verstorbene Frau Susan geschrieben hatte.
Am 12. August starb Anne Heche (25. Mai 1969 – 11. Aug. 2022) an den Folgen eines Autounfalls. Eine Woche zuvor war die Emmy-nominierte Schauspielerin mit ihrem Mini Cooper in ein Wohnhaus gerast. Nachdem sie für hirntot worden war, wurden die lebenserhaltenden Geräte abgeschaltet, ihre Organe wurden ihrem Wunsch gemäß gespendet. Sie hinterließ zwei Söhne, 20 und 13 Jahre alt. Heche war von 1997 bis 2000 mit Ellen DeGeneres liiert, sonst aber nur mit Männern zusammen. Über ihre Ex hatte sie nichts Gutes zu sagen, mehr werden wir wohl in ihrer Autobiografie „Call Me Anne“ erfahren, die sie vor ihrem Tod schrieb, im Januar 2023 soll sie erscheinen.