Die Taube als Symbolbild
Immerhin etwas hat sich verbessert in der nahen Zukunft, die Fiona Sironic beschreibt: Die heteronormative Kleinfamilie als vorherrschendes Modell scheint ebenso ausgestorben wie die Turteltaube, für die Era diesen lakonischen Steckbrief formuliert: „Sie wurde zeitlebens gehypt als Symbolbild normativer Beziehungsmodelle und unpassender Anthropomorphisierungen. Dafür konnte sie nichts, rest in power.“
Ihre Mutter ist schon immer alleinerziehend, ihre Tante – deren Wurzeln unverkennbar in der „Fridays for Future“– Bewegung liegen – zieht zu ihrer Wahlfamilie aus Freund:innen in ein Gewächshaus-Wohnprojekt. Am traditionellsten wirken fast noch die beiden Mütter von Merle und Maja, die Momfluencerinnen A&E, gegen die sich Majas Wut über die ungefragte Dokumentation und öffentliche Ausstellung ihrer Kindheit richtet.
Hoch und Tiefs der ersten Liebe
Die Suche nach einem Ort für ihre Gefühle – Trauer, Zorn und Unsicherheit, aber auch die Sehnsucht nach echter, analoger Intimität – verbindet Maja und Era, und flüchtig scheint die romantische Vision eines gemeinsamen Auf- und Ausbrechens auf. Doch dann brennt es wieder, und die Prioritäten verschieben sich.
In frischem, der gesprochenen Sprache nachempfundenem Duktus, teils durchsetzt mit Jugendslang, teils aber auch unerwartet poetisch, fängt die 1995 in Neuss geborene Autorin die Hochs und Tiefs einer ersten Liebe ein und zugleich die unterschiedlichen Arten ihrer Protagonistinnen, mit der Klimakrise umzugehen.
Verwoben ist das Ganze mit differenzierten Reflexionen über die Licht- und Schattenseiten des Konservierens von Daten und allerlei Fun Facts über Dinosaurier und Vögel (zum Beispiel, dass der T-Rex möglicherweise gar kein „dunkel geschuppter König der Kreidezeit“ war, sondern ebenso gut ein flauschiges Federkleid getragen haben könnte). Selten wurde ein düsteres Thema mit so viel Leichtigkeit, Humor und Empathie für sämtliche Figuren erzählt.
Fiona Sironic, Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft. Ecco Verlag, 2025, 208 Seiten, 23 Euro (e-Book:
Christine Wunnicke, Wachs. Berenberg Verlag, 2025. 192 Seiten, 24,00 Euro