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Filmtipp „Skinny Love“: Gen Z zwischen queerer Polyamorie und Sexarbeit

7.10.2025 - Die isländische Komödie „Skinny Love“ erzählt die Geschichte der jungen, bisexuellen Content-Creatorin Emilý - und verhandelt Themen wie Polyamorie und Sexarbeit auf spielerische, kluge und wunderbar unaufgeregte Weise. Jetzt in der Queerfilmnacht Oktober

Von Saskia Balser

7.10.2025 - Emilý (Kristrún Kolbrúnardóttir) sitzt im Wartezimmer eines Finanzbüros und tippt auf ihrem Handy. Sie verschickt ein paar Nachrichten und bearbeitet ein Foto von sich – ein ziemlich freizügiges. Als sie dann an der Reihe ist und sich bei ihrer Finanzberaterin (die zufällig ihre Mutter ist) darüber beschwert, dass sie ihre gebrauchte Unterwäsche nicht steuerlich absetzen kann, ist klar: Emilý betreibt Online-Sexarbeit. Und sie tut das mit einer Selbstverständlichkeit, die irgendwo zwischen Empowerment und Überforderung pendelt.

Losgelöst von Konventionen

Doch das ist längst nicht alles, was sie ausmacht. Emilý arbeitet im Plattenladen, führt eine offene Beziehung mit der in Polen lebenden Katinka (Magdalena Tworek), hat gelegentlich Sex mit einem Mann und freundet sich mit einer anderen Content-Creatorin an. Sie genießt ihre Unabhängigkeit, lebt frei und losgelöst von Konventionen.

Erst als Katinka nach Island ziehen will und eine exklusive Beziehung fordert, geraten Emilýs Grenzen, Wünsche und Ängste in den Vordergrund – und die schöne Theorie von Polyamorie trifft auf die manchmal komplizierte Realität.

Freiheit mit Fußnoten

Skinny Love fängt ein, was viele junge Menschen heute umtreibt: Wie verändert sich Identität durch Social Media? Welche Rolle spielen Authentizität, Freiheit und Intimität in Beziehungen, besonders in offenen oder nicht-traditionellen Formen?

Obwohl Emilý ein sehr offenes Beziehungs- und Lebenskonzept für sich gewählt hat, wird schnell klar, dass das keinesfalls bedeutet, sie hätte keine moralischen Grundsätze. Wenn sie ihrer minderjährigen Kollegin Marisa sagt, sie solle sich von Sugar Daddys fernhalten, oder ihrem Lover persönlich begegnet, um sich fair zu trennen – samt liebevollem „Breakup-Geschenk“ –, zeigt das eine erstaunliche emotionale Integrität.

Emilý wirkt glaubwürdig: mit Stärken, aber auch mit Unsicherheiten. Wenn sie fragt: „War es richtig, für das hier die Schule abzubrechen?“, spürt man, dass Selbstbestimmung eben nicht immer Selbstsicherheit bedeutet.

Zwischen Witz und Widersprüchen

Skinny Love schafft es, Humor und Ernsthaftigkeit zu balancieren – und das ziemlich charmant. Es gibt viele komische Momente, etwa wenn Emilý ihre Arbeit trocken beschreibt: „Meine Klitoris hat eine Umsatzsteuernummer.“ Das ist gleichzeitig absurd und entwaffnend ehrlich. Aber der Film bleibt nicht auf der ironischen Oberfläche. Die Kameraarbeit, das Setting in Island, die Alltagsmomente – alles verleiht dem Film Leichtigkeit, ohne banal zu werden.

Besonders spannend ist, wie Skinny Love zeigt, dass Nähe und Distanz keine fixen Kategorien sind, sondern ständig neu verhandelt werden müssen. Wenn Katinka näher kommt, entstehen neue Erwartungen, neue Ängste. Der Film zeigt, wie wichtig Kommunikation und Konsent sind – besonders, wenn Liebe nicht monogam, aber trotzdem ehrlich sein soll.

Skinny Love (ISL 2024), Regie/ Buch: Sigurður Anton Friðþjófsson, 92 min., OmU – in der Queerfilmnacht Oktober (alle Städte/ Termine)

 

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