Obwohl Emilý ein sehr offenes Beziehungs- und Lebenskonzept für sich gewählt hat, wird schnell klar, dass das keinesfalls bedeutet, sie hätte keine moralischen Grundsätze. Wenn sie ihrer minderjährigen Kollegin Marisa sagt, sie solle sich von Sugar Daddys fernhalten, oder ihrem Lover persönlich begegnet, um sich fair zu trennen – samt liebevollem „Breakup-Geschenk“ –, zeigt das eine erstaunliche emotionale Integrität.
Emilý wirkt glaubwürdig: mit Stärken, aber auch mit Unsicherheiten. Wenn sie fragt: „War es richtig, für das hier die Schule abzubrechen?“, spürt man, dass Selbstbestimmung eben nicht immer Selbstsicherheit bedeutet.
Zwischen Witz und Widersprüchen
Skinny Love schafft es, Humor und Ernsthaftigkeit zu balancieren – und das ziemlich charmant. Es gibt viele komische Momente, etwa wenn Emilý ihre Arbeit trocken beschreibt: „Meine Klitoris hat eine Umsatzsteuernummer.“ Das ist gleichzeitig absurd und entwaffnend ehrlich. Aber der Film bleibt nicht auf der ironischen Oberfläche. Die Kameraarbeit, das Setting in Island, die Alltagsmomente – alles verleiht dem Film Leichtigkeit, ohne banal zu werden.
Besonders spannend ist, wie Skinny Love zeigt, dass Nähe und Distanz keine fixen Kategorien sind, sondern ständig neu verhandelt werden müssen. Wenn Katinka näher kommt, entstehen neue Erwartungen, neue Ängste. Der Film zeigt, wie wichtig Kommunikation und Konsent sind – besonders, wenn Liebe nicht monogam, aber trotzdem ehrlich sein soll.
Skinny Love (ISL 2024), Regie/ Buch: Sigurður Anton Friðþjófsson, 92 min., OmU – in der Queerfilmnacht Oktober (alle Städte/ Termine)