Dem Medienecho lässt sich entnehmen, dass viele in Ungarn bisher gar nicht wussten, dass Weidel lesbisch ist und mit ihrer in Sri Lanka geborenen Lebensgefährtin und zwei Kindern in der Schweiz lebt.
Wir erwähnen, dass ihre Partnerin einen „Einwanderungshintergrund“ (bevándorló hátterű) hat – das haben wir im Ungarischen so formuliert, weil es den Begriff „Geflüchtete/ refugee“ durch die jahrelange Hetze gegen das Feindbild „Migranten“ in der ungarischen Öffentlichkeit schon gar nicht mehr gibt. Seither werden wir von vielen, meist männlichen Kommentatoren darüber aufgeklärt, dass es sich hier nicht um eine „Einwanderin“ handelt, weil sie als Baby von einem Schweizer Pfarrerehepaar adoptiert wurde. Aber die Umstände, in denen so etwas gemacht wird und in denen Menschen zur Flucht gezwungen sind, hat man schon nicht mehr auf dem Schirm. Und natürlich ist es nicht dasselbe, aber viele ungarische gleichgeschlechtliche Paare und Regenbogenfamilien sind mittlerweile vor Orban geflohen und leben in Berlin oder Wien, wo sie heiraten können.
Weidel selbst sagt, sie identifiziert sich nicht mit der „queeren woke-Ideologie“. Das ist ein neues Ding im deutschen Kultur-(Wahl-)kampf, „queer“ wird von rechts als linksgrünes politisches Projekt denunziert, das die gesamte LGBTQ+ Minderheit politisch vereinnahmt hat, wogegen konservative/ rechtsextreme Lesben und Schwule sich wehren. Und bei Orbáns Leuten gab es ja auch mehrere schwule Sexskandale..
Aber der ist nicht Parteivorsitzender einer Partei mit über 20%. Und Weidel ist deshalb trotzdem Teil dieser Minderheit, und ihr freies Leben als lesbische Frau mit Frau und Kindern kann in einem System wie dem, für das ihre Partei steht, sehr schnell zu Ende sein.
Was gab es sonst noch für Reaktionen?
Wir bekommen viele rechte Kommentare, die uns vorhalten, eine Partei von über 20% zu kritisieren. So wird die rechtsextreme Machtübernahme legitimiert. Sobald eine Partei nur groß genug ist, muss man sich ihr unterordnen. Viele denken hier so. Dabei ist diese rechtsextreme Politik der Entrechtung und Ausgrenzung nicht einmal von Prinzipien geleitet. Es geht vor allem um Widerspruch gegen die liberale Ordnung und die Errichtung eines auf „traditionellen Werten“ basierenden Systems. Darum wollten wir diesen Anlass nutzen, um uns zu Wort melden.