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Hollywood - hetero wie eh und je

18.6.2017 - Was soll man davon halten, wenn die größte Lesbenrolle im Filmjahr 2016 ein sexhungriger Taco war? Nur in 23 der 125 Hollywood-Premieren gab es LGBT-Charaktere, und nur acht Filme zeigten Lesben oder Bi-Frauen, meist nur sekundenlang oder als Witzfiguren.

Von Karin Schupp

l-mag.de, 18.6.2017 - Wenn Homosexualität in der Gesellschaft so normal wäre wie Heterosexualität, müssten auch in Kinofilmen mehr Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans* zu sehen sein. Dass das längst noch nicht so ist, rechnet regelmäßig der LGBT-Medienverband GLAAD vor.

In seinem jährlichen „Studio Responsibility Index“ wertet er die Produktionen der sieben großen Hollywood-Studios von 20th Century Fox bis Warner Brothers aus und kam auch für 2016 zu ernüchternen Ergebnissen – und das in einem Jahr, das mit Moonlight den ersten Oscar-Gewinnerfilm mit einer schwuler Hauptperson hervorbrachte (allerdings ein Independentfilm, der mit einem Mini-Budget von nur 1,5 Mio. Dollar gedreht wurde).

Nur 23 Filme mit LGBTQ-Charakteren – fast alle schwul

Nur in 23 (= 18,4%) der 125 Kino-Premieren der Majorstudios kamen LGBTQ-Rollen vor. Der leichte Anstieg gegenüber dem Vorjahr, in dem mit einem Anteil von 17,5% ein historischer Tiefstand erreicht wurde, ist da kein Grund zum Jubeln – ohnehin nicht für Lesben, denn die meisten dieser Figuren (83%) sind seit eh und je schwule oder bisexuelle Männer, während lesbische und bisexuelle Frauen nur in neun Filmen auftauchen und nur ein gutes Drittel der LGBTQ-Charaktere lesbisch waren; hinzu kommt die ein oder andere Bi-Frau (Bisexuelle wurden nicht nach Geschlechtern getrennt ausgewertet).

Witzfigur, Kurzauftritt oder entbehrlich für die Handlung

Wenn es sich dabei nun um Haupt- oder wichtige Nebenrollen handeln würde, gäbe es keinen großen Grund zum Klagen. Tatsächlich aber waren in zehn der 23 Filmen die LGBTQ-Charaktere kürzer als eine Minute auf der Leinwand zu sehen, und in vielen Fällen waren sie lediglich die Zielscheibe für schlechte Witze – wie auch die einzige Trans*-Rolle (in Zoolander 2). Dass wir vor allem in Komödien vorkommen - 2016 waren das fast die Hälfte der LGBTQ-inklusiven Filme - ist also meist kein gutes Zeichen.

Um die Qualität der Filme zu prüfen, wandte GLAAD den „Vito Russo Test“ an, der danach fragt, ob es a) mindestens eine LGBTQ-Person im Film gibt, die b) nicht (nur) durch ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität definiert ist und c) eine Rolle für den Fortlauf der Handlung spielt, sie also nicht nur ein "Gimmick" ist, von dem sich die Hetero-Hauptfiguren abgrenzen oder mit dem sie ihre Liberalität demonstrieren. Diesen Test bestanden nach Auswertung der GLAAD nur kümmerliche neun Filme.

Nur eine einzige Lesbenrolle besteht den „Vito Russo-Test“

Die einzige lesbische Rolle, die 2016 die Kriterien des „Vito Russo-Tests“ erfüllte, war Taco Teresa (im Original von Salma Hayek gesprochen) im nicht-jugendfreien Animationsfilm Sausage Party, die unglücklich in das heterosexuelle Hotdog-Brötchen Brenda verliebt ist und während einer Orgie am Ende des Films Sex mit ihr hat – Brenda merkt das allerdings erst, als sie nach unten schaut (hat dann aber immerhin nichts dagegen).

In der Komödie Mike and Dave Need Wedding Dates, in der zwei chaotische Brüder per Anzeige Begleitungen für eine Hochzeit suchen, bewirbt sich unter anderem eine Lesbe (und ein Mann, der sich – haha – als Frau verkleidet), und später ringt Mikes bisexuelle Kusine Terry (Alice Wetterlund) mit ihm um die Gunst von Tatiana (Aubrey Plaza), einer der beiden weiblichen Hauptfiguren.

Und das Kriegsdrama Allied – Vertraute Fremde zeigt eine Handvoll Szenen mit Pilotin Bridget (Lizzy Caplan), Pilotin und Schwester der männlichen Hauptfigur (Brad Pitt), und ihrer Lebensgefährtin Louise (Charlotte Hope).

Da Suicide Squad die bisexuelle Comic-Figur Harley Quinn (Margot Robbie) heterosexualisierte und die exzentrische Ingenieurin Holtzman (Kate McKinnon) in Ghostbusters (unsere Filmkritik) zwar ständig mit ihren Kolleginnen flirtet, von Sony Pictures aber ausdrücklich nicht als lesbisch bezeichnet wurde, bleiben nur noch einige Kleinstrollen und Statistinnen mit sekundenkurzen Auftritten:

In der Dramedy Whiskey Tango Foxtrot (aktuell im Kino) wird die Hauptfigur, eine Journalistin in Afghanistan (Tina Fey) während einer Hochzeit von einer Frau angebaggert – nur ein Gag, kein Handlungsstrang.

In Bridget Jones’s Baby besucht Bridget (Renee Zellweger) mit den beiden potenziellen Erzeugern ihres Nachwuchses einen Schwangerschaftskurs, an dem auch ein Frauenpaar teilnimmt. Diese kurze Szene zielt aber vor allem darauf ab, dass die beiden Männer für ein schwules Paar gehalten werden könnten.

In einer Szene in Angry Birds – Der Film ist ein lesbisches, flügelhaltendes Vogelpaar zu sehen, und in Störche – Abenteuer im Anflug, ebenfalls ein Animationsfilm, sehen wir am Ende in einer Montage, wie sich unter den erfreuten Eltern, denen die Störche Kinder bringen, auch einige geschlechtgeschlechtliche Paare befinden.

Und Popstar: Never Stop Never Stopping, eine Satire auf die Musikindustrie, präsentiert allein 14 der gezählten 70 LGBTQ-Charaktere (und Pink!) in einem Fake-Video, den Hauptfigur Conner4Real (Andy Samberg) zu seinem Song „Equal Rights“ dreht. Darin springt er mehr als halbherzig auf den Gleiche-Rechte-für-Lesben-und-Schwule-Zug auf und beendet jede Zeile vorsichtshalber mit dem Satz „Ich bin nicht schwul“...

Die kleinen Tochterstudios sind etwas besser

Die GLAAD-Studie konzentriert sich auf die großen Filmstudios, die mit ihren Mainstream-Produktionen die Massen erreichen – ihre Filme laufen allein in den USA in 2000 bis 4000 Kinos (während etwa Moonlight in vier Kinos startete und erst nach seinem Oscargewinn in 1500 Kinos gezeigt wurde), wirft aber auch einen Blick auf ihre Art House-Töchter, die mit ihren kleineren Filmen den Independentstudios Konkurrenz machen.

Hier finden sich drei positivere Beispiele, wenn auch nur im Nebencast: In der Tragikomödie Mit besten Absichten hängt sich Marnie (Susan Sarandon), deren Tochter Lori wenig Zeit für sie hat, in das Leben anderer Leute rein und hilft bei der Organisation der Hochzeit von Loris Freundin Jillian (Cecily Strong) mit Dani (gespielt von der lesbischen Schauspielerin Rebecca Drysdale). In Equity – Das Geld, die Macht und die Frauen, von einer überwiegend weiblichen Crew gedreht, wird Investmentbankerin Naomi (Anna Gunn) in den Strudel eines Finanzskandals hineingezogen und gwerät ins Visier einer lesbischen Staatsanwältin Sam (Alysia Reiner, Orange is the New Black). Und in The Comedian kehrt Robert de Niro als abgehalfter Comedy-Star in seine alte Heimat zurück, wo gerade die Hochzeit seiner Nichte Brittany (Lucy de Vito) mit Frankie (Kelly McCrann) bevorsteht (Kinostart: 31 Aug.).

Hier steht der komplette "Studio Responsibility Index 2017", und hier berichten wir über den GLAAD Report des letzten Jahres. 

 

 

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