Von Julius Brockmann
15.4.2021 - LGBTQI*-Menschen leiden dreimal so häufig an einer Depression und Burnout wie heterosexuelle Menschen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Bielefeld. Ein möglicher Grund ist die Diskriminierung, die LGBTQI* erfahren.
„Die Gleichstellung von LGBTQI*-Menschen ist politisch seit Jahren auf der Agenda, der Fortschritt ist aber sehr zäh“, sagt Studienautorin Mirjam Fischer. So sei es nicht verwunderlich, dass sich dies auch gesundheitlich auswirke: Lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, queer und inter* Menschen leiden laut der Studie mit Daten aus dem Jahr 2019 häufiger sowohl an psychischen als auch an körperlichen Erkrankungen als Heterosexuelle, die sich mit ihrem gegebenen Geschlecht identifizieren.
Viele, vor allem trans Menschen, leiden unter Einsamkeit
Konkret: Bei mehr als 25 Prozent der LGBTQI*-Personen wird im Laufe des Lebens eine depressive Erkrankung diagnostiziert – im Vergleich zu 10 Prozent bei allen Menschen in Deutschland.
Auch das Thema Einsamkeit spielt bei LGBTQI* eine überproportional große Rolle: 10 bis 15 Prozent fühlen sich allein, bei der Vergleichsgruppe gaben nur halb so viele an, Einsamkeit zu empfinden. Bei trans* Menschen liegt der Anteil mit ca. 33 Prozent sogar noch höher. Auch Schlafstörungen, Nervosität und allgemeine Niedergeschlagenheit kommen bei ihnen häufiger vor.
Diskriminierung beeinträchtigt die Gesundheit
In der Corona-Pandemie befürchten die Forscherinnen und Forscher nun, dass depressive Symptome und Gefühle der Isolation unter LGBTQI*-Menschen noch weiter zunehmen.
„Unsere Studie offenbart, welche tiefgehenden psychischen und körperlichen Auswirkungen anhaltende Diskriminierungen haben können“, sagt Fischer. Denn, da sind sich die Forscherinnen und Forscher sicher, die Ursachen liegen in der Gesellschaft und der noch nicht abgeschlossenen rechtlichen Gleichstellung. Dass Diskriminierung die psychische als auch die körperliche Gesundheit beeinträchtigen kann, sei erwiesen. Ebenso belegten andere Studien des DIW Berlin, dass LGBTQI*-Menschen in vielen Lebenssituationen eben genau diese Ablehnung und Anfeindungen immer wieder erfahren.
Häufiger Herzprobleme und Rückenschmerzen als Heteros
Zu den körperlichen Leiden stellten die Forscherinnen und Forscher Folgendes fest: LGBTQI*-Menschen haben doppelt so häufig Probleme mit dem Herzen als die restliche Bevölkerung, auch chronische Rückenschmerzen kommen deutlich häufiger vor.
Immerhin: Krebs, Schlaganfälle und Gelenkerkrankungen waren in beiden Gruppen gleich oft vertreten.
Lösung: Rechtliche Situation verbessern, „Safe Spaces“ schaffen
Mit Blick auf die Zukunft liefern die Autorinnen und Autoren einige Vorschläge, wie die Situation für LGBTQI*-Menschen verbessert werden kann. So sollte zum Beispiel homophobe und transfeindliche Hasskriminalität ausdrücklich im Strafgesetzbuch benannt und sanktioniert werden.
Auch „Safe Spaces“ etwa im Sportverein oder in der Kulturszene sowie verpflichtende Workshops in Schulen könnten zu einer größeren Akzeptanz von LGBTQI*-Menschen beitragen.
Webseite des DIW: Studie „Geringeres Chancen auf ein gesundes Leben für LGBTQI*-Menschen