Von Ingebord Boxhammer/ Christiane Leidinger
13.9.2023 - Lotte Hahm war eine markante Erscheinung. In den Lesbenzeitschriften der Weimarer Republik, in denen sie zu ihren Veranstaltungen einlud, inszenierte sie sich androgyn in lässigen Selbstporträts mit Frisur, Kleidung und Accessoires, die Männern vorbehalten waren: Hose beziehungsweise Anzug, mal Smoking, dazu Fliege oder Krawatte – und immer: mit extrem kurzen Haaren.
Die gebürtige Dresdnerin und Wahlberlinerin war eine bedeutende Vorkämpferin für die Organisierung von Lesben und trans* Personen – die beide damals auch mit dem Begriff „Transvestiten“ bezeichnet wurden –, entwickelte und prägte die subkulturelle Szene insbesondere zwischen 1926 und 1932. Als einfallsreiche und multifunktionale Veranstaltungsmanagerin bot sie unterschiedlichste Events in Berlin, zunächst an wechselnden Adressen des Damenklubs Violetta, wie etwa im Jägerhof-Kasino auf der Kreuzberger Hasenheide.
Die Klubs sollten städteübergreifend vernetzt werden
Neben Geselligkeit und Spaß versuchte sie Lesben und „Transvestiten“ für politische Arbeit zu mobilisieren. Die Klubs sollten städteübergreifend vernetzt und zu einer handlungsfähigen Organisation vereinigt werden. Außerdem verteilte Hahm Geld um: Teilweise wurde erwerbslosen Lesben das Eintrittsgeld erlassen und mancher Partyerlös kam ihnen solidarisch zugute.
Ihre anfangs verheiratete Lebenspartnerin „Kät(h)e“ Katharina Fleischmann (1899–1967) lernte Hahm vermutlich in der Berliner Subkultur kennen. Dort mischte sie seit den 1920er-Jahren als Gastronomin mit – bis der erstarkende Antisemitismus sie zur Geschäftsaufgabe zwang. Mit ihrer Hilfe wurde Hahm selbstständige Lesbenbar-Betreiberin mit erstmals fixer Adresse: Nacheinander eröffnete sie die Monokel-Diele und die Manuela-Bar.
Anfang 1933 schlossen die Nazis die subkulturellen Lokale und verboten die Zeitschriften. Dennoch gaben Hahm und Fleischmann auch im Nationalsozialismus nicht auf: Sie benannten den Damenklub Violetta in Sportklub Sonne um und organisierten heimlich Tanzabende für Lesben und trans* Personen.