„Ketzer der Neuzeit“ nimmt eine deutlichere politische Position ein, beklagt die Intoleranz der „woken Linken“ gegenüber rechtem Gedankengut und den Verlust „gottgegebener Werte“. Auch sein Content besteht haupsächlich aus in seinem Sinne zusammengeschnittenen Straßeninterviews mit Clickbait-Vorschaubild. Dazu gibt's Gespräche mit anderen rechtskonservativen Creator:innen mit dem ein oder anderen Tweet gegen die vermeintlich „woke queere Gesellschaft“ und ihre absurden Ansichten. Ein großer Teil seiner Ansichten bezieht er auf das Christentum und warnt davor, wie die Zukunft auf diese Zeit unserer Gesellschaft zurückblicken wird.
Leichter Einstieg in rechtsradikale Ideologien
Es ist effektiver und affektiver Content – alle Menschen, deren Meinung sie nicht teilen werden als lächerlich dargestellt, ihre Meinungen und Ansichten entwertet. Es sind Inhalte, die besonders Menschen erreichen und emotionalisieren sollen, die sich weder mit diesen Themen auseinandersetzen wollen noch direkt davon betroffen sind. Ein gelungener erster Schritt in Richtung rechtsradikaler Politisierung.
„Eingollan“ positioniert sich selbst nicht offen politisch, aber das braucht sie auch nicht. Sie stellt ja nur Fragen. Sie macht sich ja nur Sorgen. Vor allem um den Verlust von gesellschaftlichen Werten. Um die Kinder, die in einer Gesellschaft aufwachsen, die durch die Abwesenheit von klaren Geschlechtern und Geschlechterrollen „durcheinandergebracht“ worden ist. Um Kinder, die bereits im Kindergarten mit LGBTIQ-Themen in Berührung gebracht und somit natürlich „zu früh sexualisiert“ werden.
Es ist das klassische „Denkt auch mal jemand an die Kinder“-Argument, und nicht das Einzige, was an rechtskonservativen Populismus erinnert. Dennoch schaffen Influencer:innen wie „eingollan“ und „Ketzer der Neuzeit“ es, Content zu produzieren, der auf den ersten Blick mainstream-tauglich wirkt. Verschwörungstheoretische Ansätze werden ebenso in rational klingende Argumentation miteingeflochten wie antifeministisches Gedankengut und Verleugnung des Klimawandels.
Der Algorhitmus belohnt Aufregung
Queerfeindlichkeit auf Instagram und TikTok sind nichts Neues. Wenn Selbstversuche und Studien eines gezeigt haben, dann ist es, wie schnell man auf sozialen Medien mit rechtem Gedankengut in Berührung kommt. Der allgegenwärtige Algorhitmus liebt das Engagement, das Inhalte dieser Art generieren. Die Art und Weise wie rechtsoffene und rechtspolitische Influencer:innen ihre Inhalte aufbereiten, bedeutet, dass sie nicht nur ein größeres Publikum erreichen, sondern auch überzeugen können.
Das Narrativ der Unterdrückten kommt gut an, manipulativ zusammengeschnittene Videos fungieren als Belege, und die parasoziale Beziehung mit ihrem Publikum sorgt dafür, dass wenige Aussagen in Frage gestellt werden. Auch werden durch eine überzogene und teilweise einfach falsche Darstellung derzeitiger gesellschaftlicher Entwicklungen Bedrohungen geschaffen, die so nicht existieren. Kritisch hinterfragt werden, soll das allerdings nicht. Klar, Propaganda machen ja nur die anderen.