Du bist im Süden der USA aufgewachsen und hast dich erst mit 25 als lesbisch geoutet. Warum so spät – und wie schwierig war das?
Es hat wirklich lange gedauert, bis ich das hinbekommen habe. Einfach, weil mich das verwirrt hat und ich dachte, die beste Art, damit umzugehen, wäre sich zu verstecken. Als ich aufgewachsen bin, war da auch niemand, an den ich mich hätte wenden können, bzw. es gab keine Möglichkeit, sich darüber zu informieren und sich selbst besser zu verstehen. Deswegen dachte ich, Homosexualität wäre das Schlimmste, was mir passieren könnte. Denn ich wurde sehr religiös erzogen und hatte eine Riesenangst davor, ich selbst zu sein. Dabei hatte ich allein deshalb Probleme, weil ich meine Homosexualität verborgen habe. Weil ich dieses tiefe Gefühl hatte, dass etwas „falsch“ mit mir wäre. Aber nachdem ich erst einmal ich selbst war, schien die Welt um mich herum plötzlich viel mehr Farbe zu haben.
Sich selbst zu verstecken ist also das Schlimmste, was man tun kann?
Ganz genau. Aber wenn man aufwächst, herrscht da eben auch jede Menge Druck. Und queer zu sein, war bei mir zu Hause etwas, das nicht verstanden und folgerichtig nicht akzeptiert wurde. Heute ist die Welt zum Glück etwas anders. Es gibt viele Menschen in der Medien- und Unterhaltungswelt, die offen dazu stehen – und alles tun, um das als etwas ganz Normales, Alltägliches darzustellen.
Derzeit feiern viele Mainstreammedien gerade solche Künstler:innen als „hip“, die sich als queer präsentieren. Wie empfindest du diese Entwicklung?
Ich sehe das so: So lange die Leute in der Lage sind, ihre Geschichte zu erzählen, ihre Erfahrungen zu teilen und andere zu ermutigen, sehe ich darin nichts Falsches. Wenn man aber vorgeführt und ausgenutzt wird, ist das ein Problem – dann ist die vermeintliche Offenheit nur ein Schmierentheater und somit ein Problem. Niemand sollte vorgeführt und ausgenutzt werden.
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Das Interview erschien zuerst in unserer Schwesterzeitschrift Siegessäule (3/2024).