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Filmtipp „Lesvia“: Liebe Grüße aus dem Lesbenparadies

6.11.2024 - Die Doku „Lesvia“ erzählt, wie das Küstendorf Eressos auf Lesbos in den letzten fünfzig Jahren zum Sehnsuchtsort für Lesben wurde und wie die Einheimischen darauf reagier(t)en. Wir sprachen mit der Regisseurin Tzeli Hadjidimitriou.

Von Annabelle Georgen

6.11.2024 - In ihrem Dokumentarfilm Lesvia porträtiert Tzeli Hadjidimitriou den lesbischen Sehnsuchtsort par excellence: das kleine Küstendorf Eressos auf der Insel Lesbos. Seit den 1970er-Jahren haben dort Lesben aus der ganzen Welt ihre zweite Heimat gefunden. Hadjidimitriou, selbst lesbisch und auf Lesbos geboren, erzählt die bewegte Geschichte dieses einzigartigen Orts. Wir sprachen mit der griechischen Regisseurin.

Tzeli, du bist auf Lesbos geboren und aufgewachsen. Wann warst du zum ersten Mal in Eressos?

1980, als ich 18 Jahre alt war, kam ich zufällig nach Eressos. Ich wollte ein Wochenende weg von Mytilene, der Hauptstadt von Lesbos, wo ich lebte, aber es gab keine Plätze im Bus für touristische Ziele und so landete ich in Eressos. Viele andere Frauen kamen hier auch irgendwie „zufällig“ hin. Andere kamen wegen Sappho — sie machten eine Art Pilgerfahrt zu der großen Dichterin. Der Ort war magisch, unglaublich schön, aber vor allem war es ein Ort der Freiheit, an dem ich die ersten Lesben meines Lebens traf und auch meine eigene Sexualität entdeckte. Anfangs gab es nicht viele Frauen, aber bald wurde es zu einem Treffpunkt für feministische, lesbische Frauen aus der ganzen Welt. Es war ein Traum, eine umgekehrte Welt, in der Lesben die Mehrheit und die „Normalität“ bildeten. Wie könnte ich dort nicht jedes Jahr wiederkommen?

Lesben aus verschiedenen europäischen Ländern haben ab den 1970er-Jahren Eressos für sich entdeckt. In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder neue Wellen, also neue Gruppen von Lesben, die dort hinkamen. Du zeigst es im Film. Wie hat sich das Eressos-Publikum mit der Zeit verändert?

Eressos ist der Mikrokosmos der Welt. So wie sich die gesellschaftliche Situation rund um den Globus veränderte, veränderte sich auch Eressos. In den ersten Jahren lebten wir nackt am Strand, dann zogen wir auf den Campingplatz, und als wir älter wurden, wohnten wir in den ersten Hotels, die dort gebaut wurden. Am Anfang gab es mehr Feministinnen, vor allem Separatistinnen, dann kam die Punk-Bewegung. Später, als die Situation für die Lesben in Europa einfacher wurde, kam auch ein breiteres Spektrum von Lesben, die keine Aktivistinnen waren. Ab 2010 kamen Frauen als Touristinnen und nicht mehr als Lesben, die auf der Suche nach einer Gemeinschaft waren. Jetzt bewegen sich die Dinge wieder, da sich die Geschlechteridentitäten in der queeren Bewegung verändern.

In Lesvia zeigst du die Spannungen zwischen den Lesben und den Dorfbewohner:innen. Auf der einen Seite regen sie zu lokalen Aktivitäten an, auf der anderen Seite fühlen sich die Dorfbewohner:innen überfordert, was verständlich ist. Ist das immer noch ein großes Thema in Eressos?

Jetzt läuft es viel ruhiger, aber man weiß nie, wie es sich entwickeln kann. Geld war immer das A und O. Die Einheimischen brauchten Geld, und wir brauchten einen Platz in Eressos. Als die Lesben anfingen, massenhaft nach Eressos zu kommen, sahen die Bewohner:innen in uns die Touristinnen, die sie nicht haben wollten, die aber jedes Jahr wieder kamen. Wir waren ihre finanzielle Sicherheit, sie haben uns also toleriert. Aber in all diesen Jahren haben wir auch solide Beziehungen und Freundschaften mit einem Teil der Einheimischen aufgebaut. Wir müssen aber immer wach bleiben und unsere Freiräume einfordern, unsere Freiheit, unser Recht auf das Leben, das wir wollen. Ich bin mir zum Beispiel nicht sicher, wie die jüngere Generation des Dorfes in den kommenden Jahren mit uns umgehen wird.

LESVIA, Griechenland 2024, Regie. Tzeli Hadjidimitriou, 77 min., OmU

 

Screenings im November:

Münster, Filmfestival Queerstreifen: Sa, 9. Nov., 16:30 Uhr

Bern (Schweiz),Queersicht Filmfestival: Di, 12. Nov, 20:30 Uhr

Freiburg,Herbstflimmern der Lesbenfilmtage: Sa, 23. Nov., 17:00 Uhr

 

Schon mal vormerken: In der nächsten L-MAG-Ausgabe 1/2025 berichten wir ausführlicher über LESVIA.

 

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